Keine Süssigkeit: Doughnut Economics

Diesen Herbst (2023) wurde der Verein Doughnut Economics Schweiz gegründet. Der Verein gehört damit zu einem weltweiten Netzwerk von lokalen und nationalen Vereinigungen sowie mehreren tausend Einzelpersonen.


Kritik an Wirtschaftswissenschaften

Der Begriff “Doughnut Economics” wurde von der britischen Ökonomin Kate Raworth geprägt. Ihr Buch wurde unterdessen in über 20 Sprachen übersetzt. Für Kate Raworth sind zahlreiche Annahmen der heute gelehrten Wirtschaftswissenschaften nicht gültig. So kritisiert sie die Nutzung des GDP (Brutto-Inlandprodukts) als fehlerhafte Kennzahl, denn Freiwilligen- und Familienarbeit oder die Aufwendungen für den Aufbau und die Pflege der Gemeinschaft (Community) werden damit nicht erfasst. In ihren Präsentationen übt sie auch beissende Kritik am Neoliberalismus oder an einem aus ihrer Sicht unreflektierten Verständnis von Wachstum.

Ihr Doughnut-Modell ist vielleicht deshalb so erfolgreich, weil es das Verständnis einer nachhaltigen Wirtschaft so einfach visualisiert.

Der grüne Ring - also der Doughnut - ist der sogennante “safe space”, also der Raum, in dem sichergestellt ist, dass wirtschaftliches (und gesellschaftliches) Tun keinen Schaden anrichtet und nicht die Kapazität von Menschen, Gesellschaft und Natur vermindert.


Im Zentrum des grünen Rings platziert Kate Raworth die “social foundation”. Man könnte auch sagen: hier ist der Zweck der Wirtschaft visualisiert: die Grundbedürfnisse der Menschen zu befriedigen oder zu deren Befriedigung beizutragen. Tut das die Wirtschaft nicht oder gefährdet gar die Befriedigung der Grundbedürfnisse, entsteht der “shortfall” (Fehlbetrag, Defizit).


Die Zone um den grünen Ring visualisiert, was Wirtschaft nicht tun darf: die ökologischen Grundlagen zu gefährden und ihnen Schaden zuzufügen. Kate Raworth verwendet das Konzept der planetaren Belastungsgrenzen um darzustellen, wann die Wirtschaft Ressourcen übernutzt oder gefährdet (“overshoot”).


Doughnut Economics können somit auf einen Blick darstellen, worum es in der nachhaltigen ökonomischen Entwicklung geht, und sie bilden eine Sprache, dank der man sich global austauschen kann.


Acht Umsetzungs-Prinzipien

Zusätzlich hat Kate Raworth acht Prinzipien der Umsetzung formuliert, darunter “Sieh das grosse Bild”, “Strebe das Aufblühen an und nicht nur Wachstum” oder “Sei strategisch in der Umsetzung”.


Um den Ansatz der Doughnut Economics global zu verankern und den Austausch der Aktivistinnen und Aktivisten zu fördern, steht die Plattform DEAL zur Verfügung, das Doughnut Economics Action Lab. Man darf darauf gespannt sein, wie der Schweizer Verein ab 2024 dazu beitragen wird. Interessierte können sich immer noch über die Webseite melden.


Ist das alles neu?

Natürlich sind andere Frameworks oder Designprinzipien wie die SDGs, das Rahmenwerk des Natural Step, die Planetary Boundaries, Cradle to Cradle, der Future-Fit Business Benchmark oder auch die Grundlagen-Forschung eines Manfred Max-Neef (“barefoot economics”) vor den Doughnut Economics entstanden. Aber die Einordnung dessen, was Wirtschaft ist, was ihr Auftrag ist und wie sie in einer nachhaltigen Gesellschaft zu funktionieren hat, das ist bisher kaum gelungen.

Buch: Kate Raworth: Die Donut-Ökonomie, Hanser Verlag.



PS. Nur als Seitennotiz: Milton Friedmans Kernsatz “the business of business is business” hat vermutlich deshalb so lange überlebt, weil seine Verknappung so attraktiv erscheint. Aus Sicht der “Doughnut Economics” müsste man den Satz allerdings anpassen: the business of business is meeting people’s needs without doing harm to the planet.

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