Der Sprache zuhören: Trouvaillen April 2024
Die Sprach-Trouvaillen erscheinen jeweils auf der Linkedin-Seite der "Frischen Texte". Es sind kurze Reflexionen über Sprache und das Lernen durch Sprache.
5. April 2024
Der Sprache zuhören - Trouvaille der Woche:
der Superlativ
Besser kann mensch es nicht erklären. Danke Jelena Martinelli!
Link zum Artikel
12. April 2024
Der Sprache zuhören - Trouvaille der Woche:
«Einfache Sprache»
Dem Begriff ist nicht zu trauen. Was ist eigentlich einfach an der «Einfachen Sprache»? Der Satzaufbau, und ist der einfach zu schreiben? Ist es die einfache Verständlichkeit? Oder sind es einfach wenige Worte, die einfach machen - sozusagen die IKEA-Montageanleitung als Vorbild (obwohl ich die persönlich kaum je verstehe)?
Aus dem, was mensch als einfache Sprache bezeichnen könnte, macht die Vorarlberger Schriftstellerin Monika Helfer Kunst. Es geht um Rhythmus, Verknappung, Farben, das Leuchten zwischen den Worten. Und alles bleibt frisch, nah und hat doch sanfte Brüche. Hier ein Beispiel aus Monika Helfers «Löwenherz».
«Genauso traurig. Ich habe versucht, mit Richard über Putzi zu sprechen. Was zu tun wäre. Das war heikel. Weil ich nicht über das Kind sprechen konnte, ohne über die Mutter zu sprechen. Und da hat er zugemacht.
Irgendwann kam er nicht mehr zu mir. Irgendwann rief mich Michael an und flüsterte, er sei bei ihm, jetzt. Er sitze am Küchentisch, Schamasch zu seinen Füssen.
'Was tut ihr?' fragte ich.
'Reden.'
'Und wie geht es ihm?'
Langweilig sei ihm.
'Nur langweilig?'
'Nur ist gut.'»
Zitat aus Monika Helfer: «Löwenherz», erschienen bei dtv Verlagsgesellschaft (Link zum Buch in Kommentaren).
Foto von Brina Blum auf Unsplash
19. April 2024
Der Sprache zuhören - Trouvaille der Woche:
«Ich wünsche mir Steuererklärungsroboter, damit ich mehr Zeit zum Wischen meiner Bürotreppe habe.»
In seinem Artikel über Roboter erklärt der Philosoph Pavel Novak den Wert der täglichen, sich wiederholenden Tätigkeiten: Hirn ruhen lassen, Achtsamkeit üben.
Die Schriftstellerin Gertrude Stein zielt wohl in eine ähnliche Richtung mit dem Satz, der ihr zugeschrieben wird: «Jeder bekommt den ganzen Tag so viel Informationen, dass er die Vernunft verliert.»
Lieber selber die Treppe wischen und damit vernünftig bleiben.
Artikel von Pavel Novak
26. April 2024
Der Sprache zuhören - Trouvaille der Woche:
«In diesem Rahmen sollte der Wert und die Bedeutung von Universitätsprofessoren nicht nach ihrem Nutzen für den Finanzsektor beurteilt werden, sondern vielmehr nach ihrer wissenschaftlichen Fähigkeit, sich in die öffentliche Debatte einzubringen und für das Gemeinwohl zu arbeiten.»
Der Zürcher Professor für Finanzmathematik Marc Chesney hat diesen Kompass-Satz geschrieben. In dem Artikel wundert er sich, dass sich die Finanzwissenschaften nicht öfter äussern - zum Beispiel zum Untergang der CS. Er vermutet, auch wenn er es nicht so direkt schreibt, dass die Wissenschaft zur Handlangerin der Finanzindustrie mutiert ist - und so den Auftrag, den ihr die Gesellschaft übertragen hat, nur beschränkt wahrnimmt.
Chesney schreibt auch von «Interessenskonflikten» in der Wissenschaft. Das Interesse, den gesellschaftlichen Auftrag wahrzunehmen, tritt anscheinend in Konflikt mit dem Interesse, private Geldgeber zu schützen. Man muss ja solche Konflikte auch erst einmal zulassen.
Original-Artikel